Lange war es auf der Erde dunkel und kalt. Eine dicke
Schneedecke lag auf der Wiese. Igel und Käfer, Maulwurf, Mäuse
und Regenwürmer schliefen in ihren Nestern und in ihren Gängen
tief unter der Erde. Die Vögel plusterten sich auf. Die Raben
saßen auf den kahlen Ästen und krächzten ihren Hunger in die
kalte Winterluft hinaus. Die Rehe und Hirsche nagten an den
Rinden der Bäume. Die Hasen hoppelten bis an den Gemüsegarten
nahe am Bauernhaus und kratzten ein paar Kohlblätter unter dem
Schnee hervor. Ganz vorsichtig nur streckten die
Weidenkätzchen und der Seidelbast die ersten Blattknospen
heraus. - Da wagte eine kleine Meise frühmorgens zaghaft ein
Lied anzustimmen. "Wann wird es endlich warm?", piepste sie.
"Wir wollen anfangen, Nester zu bauen." Von fern hatte der
Frühling die ersten Vogelstimmen gehört. Er nahm den goldenen
Schlüssel, um die Erde und Flüsse aufzuschließen. Dann sagte
er der Sonne und dem Südwind Bescheid. da taute das Eis in den
Bächen und der Schnee auf den Wiesen. Am Himmel erschienen die
ersten Schwärme der Zugvögel. "Hurra!", riefen die Kinder.
"Wir können endlich draußen spielen! Und Rollschuh laufen und
Fahrrad fahren!" Der Frühling
eilte von Blume zu Blume, von Baum zu Baum und weckte Wiesen
und Wälder auf. Doch er lief so schnell, dass er seinen
goldenen Schlüssel verlor. O weh, da kam der Wind zurück. Der
kalte Wind brauste über das Land. Die Blumen und Tiere krochen
wieder in die Erde. - Der Frühling selbst begann zu frieren
und zu zittern. Traurig suchte er unter den welken
Herbstblättern nach seinem Schlüssel.
Da
steckten auf einmal viele kleine Blumen ihre goldenen
Blütenblätter unter dem welken Laub hervor. "Wir wollen dir
suchen helfen", flüsterten sie und guckten unter jedes braune
Blatt. Endlich fanden sie den goldenen Schlüssel. "Liebe
Blümchen, ich danke euch!", rief der Frühling ganz glücklich.
Und er fragte sie: "Habt ihr einen Namen?" Die Blümchen
schüttelten ihr hellen, gelben Glöckchen. Da rief der
Frühling: "Dann sollt ihr Schlüsselblumen heißen!" |