"Die Entstehung der Welt:

     Vulkane brachen aus, Ozeane            kochten.....  Das Universum war in Aufruhr...     Und dann kam der Hund..."

 

 

In der Reform-Rundschau 1/2002 fand ich folgenden interessanten Artikel:

Liebe Freundin, lieber Freund,

kennst du den Hund SNOOPY, Mitglied der Peanuts-Truppe, und seine Geschichten? Ein Freund sandte uns sein Bild mit obigem Zitat des Karikaturisten Charles M. Schultz. Vielleicht hast du früher mal das aufregende Buch "SENTA" gelesen, Rotkreuzhündin in vorderster Front? Oder andere unvergessliche Hundeberichte? Dann verstehen wir uns.

Verzeih, wenn ich dich bei diesem so wichtigen Thema vertraulich duze. Du teilst ja meine Meinung, dass ohne das Geschöpf Hund unsereins sozuusagen ein armer Schlucker wäre! Wir hätten dann auf diesem profitorientiertem Erdball noch weniger zu lachen und zu lächeln. Hunde sind das Süßeste, Entzückendste, Treueste, Ehrlichste, Liebste, was es gibt, genauso, wie man sich Menschen gerne vorstellen möchte: ohne böse Absichten.

Stundenlang könnten wir ihre Vorzüge preisen, du und ich, und würden nicht müde. Und dass sie nicht reden, die menschliche Sprache nicht beherrschen, also nie auch nur ein einziges unpassendes Wort von sich geben, das ist noch das Größte. Ein Hund schafft mit seinem bittenden, lustigen, erwartungsvollen, durch und durch treuen oder traurigen Blick mehr als alle Sprachen der Welt, und du weißt, was immer auch passiert, er liebt dich und behält dich in seinem Herzen.

Stimmst du mir zu?- Wir beide könnten somit das Thema gleich wieder ad acta legen. Es wäre nichts weiter zu erklären. Doch es geht um die noch Hundelosen, denen wir erzählen müssen, wie viel und was ihnen bis dato entgangen ist. Auf sie wartet irgendwo in einem Tierheim noch immer das Glück: nämlich der kleine, große, mittlere, schwarze, braune, gescheckte, weiße, lang- oder kurzhaarige, kurz- oder langohrige, krumm- oder gradbeinige Wegbegleiter - der unverwüstliche Mischlingshund!

Denn eines ist sicher: solange Tierheime mit wartenden Waisen überquellen, sind Zuchthunde tabu!

Trotzdem heißt es: nichts überstürzen. Hunde, hat man sie erst angeschafft, gibt man nicht zurück! Lass dich, lieber Freund, dort gerne auf Herz und Nieren prüfen. Tierheime müssen auf  Nr. Sicher gehen. Zu viel Schlimmes ist schon passiert. Du jedenfalls musst diesen Hund mit jeder Faser deiner selbst begehren - dann ist es gut.  Es beginnt jetzt ein neues Leben, in dem die Sonne dir nicht mehr untergeht, auch wenn sie nicht vom Himmel scheint. Dein Egoismus, deine Bequemlichkeit, deine Langeweile oder Depression - alles wie weggeblasen. Außerdem bist du kein Single mehr, sondern Herr oder Dame mit Hund und planst nun deine Besuche gemeinsam. Wer von deinen Bekannten (das merkst du schnell) um seine cremefarbene Auslegeware fürchtet, den vergiss. Sind ihm seine Teppichböden wichtiger, lass ihn fahren und sei froh darüber. Erinnere dich an Rilke, der seinem Besuch statt Sofa, auf dem die Katze zu ruhen pflegte, den Stuhl anbot.

Und wer von deinen Freunden nun plötzlich seine komplizierte Kleidung vor den freundlichen Begrüßungssprüngen deines Hundes schützt, dessen Bekanntschaft dürfte sich als ungünstiger erweisen als jene Leute mit Salz- und Pfefferlook oder älteren Jeans. Geh am besten nur dorthin, wo du mit Hund willkommen bist. Ins Altenheim zum Beispiel, wo sich auch viele streichelbereite Hände entgegenstrecken. "Ach, du Guterle, komm doch her! So einen netten hatten wir früher auch!", ruft es von mancher Seite - "hab ich geheult, als er gestorben ist! Komm doch her, Hundele, komm her!" Es sind die bedächtigeren Bewegungen, die fühlsameren Hände alter Menschen, die Hunde sehr gern mögen. Außerdem lesen sie Gedanken und erkennen Absichten. Für den Hund ist jede Geste ein Wink. Verwirfst du einen gerade geplanten Spaziergang, weil dir etwas dazwischenkam, so ist dein Vierbeiner zwar momentan enttäuscht, würde es dich aber niemals wie ein Mensch murrend und meuternd büßen lassen. Er wartet, verzieht sich inzwischen und behält dich im Auge. Irgendwann wird es losgehen. Darauf  vertraut er und verzeiht dir sogar, falls gar nichts aus eurem Vorhaben wird, denn morgen ist auch noch ein Tag. Er weiß, du hältst Wort.

Ehrlichkeit - das ist das Erste.

Wahrscheinlich kennst du Hundehalter, die du als ziemlich schizophren einstufen würdest. Da wandert ihr beide entspannt des Weges, und plötzlich taucht in weiter Ferne irgendwer mit winzigem Etwas an der Leine auf, reißt es blitzartig an sich und versteckt es vor euch, als wärt ihr wilde Bestien. "Manchmal ist er bissig, ich weiß nie, wie er reagiert!", hörst du den jemand sagen. Dann bleibe ruhig, denk dir deinen Teil. Wie der Herr, so der Hund. Ein Hund braucht keine Bevormundung, wenn er die Situation einzuschätzen gelernt hat. Kann er es nicht, haben ihn Herrchen oder Frauchen falsch erzogen. Sie machten ihn zu dem, was er nun leider ist: gestresst, bissig und nervös - ihr lächerliches Spiegelbild. Dein Hund würdigst so ein Duo normalerweise keines Blickes. Da steht er doch drüber, trottet seines Weges, von anderem fasziniert, dem örtlichen "Kreisboten" etwa, den er lesend und quittierend Seite um Seite verschlingt. Ich versichere dir, es kann kommen, was will, dein Hund macht dir keinen Ärger, solange du die Ruhe bewahrst, und er weiß, da lohnt sich kein Aufstand. Was anderes wäre, er würde angefallen. Auch das haben wir schon erlebt. Trotzdem. lass dich nie provozieren - das ist das Zweite.

Beim Einrichten deiner Wohnung mit Hund, in der du künftig wahrscheinlich Untermieter bist, wähle das Robusteste, was der Markt an Ausstattung bietet. Gefährte Bauzi und Vorgänger zerlegten als Welpen massenhaft Mobiliar. Alt geworden und vernünftig, zählt nun Gemütlichkeit durch Auswahl der jeweils sinnvollsten Sitz- oder Schlafplätze per mehrmaligem Umsichselbstdrehen und Heranziehen geeigneter Sofakissen. An solch traumverlorenem Wollpaket kommt keiner vorbei, ohne es nach Linda-Tellington-Jones-Art zu berühren und zu streicheln! Auch hat mich der Anblick schon öfter zu der Bemerkung hingerissen: "Hund möcht` ich sein - bei mir!"

Jammere nicht über Hundehaare - ein gefräßiger Staubsauger ist besser. Wirf auch alte Tücher nicht weg. Sie tun ihren Dienst nach Regen- und Morastwanderungen. Mach es dir und deinem Hund danach so recht behaglich. Das ist das Dritte.

Ein Hundekorb mit Kissen - schön und gut. Hoffe aber nicht, dein Liebling verbringt dort die ganze Nacht. Eine Stunde oder zwei vielleicht, dann rückt er dir näher, quetscht sich halbseitig unter dein Bett oder wickelt sich in den nächsten bodenlangen Vorhang, eines der offenbar schönsten Gefühle. Gegen 3 Uhr wandert er zu weiteren Plätzchen, um gegen 5 zum Morgenspaziergang bereitzustehen.

Dann nichts wie heraus aus den Federn. Sommers erlebst du nichts Schöneres! Die Sonne geht auf, du meditierst allein auf weiter Flur. So menschenleer, unschuldig,  jung und frisch erlebst du deine Gegend sonst nie. Vielleicht hätte ich mich ohne Hund 99 von 100 Mal nicht zu manchen dieser Unternehmungen aufgerafft - bei Eisglätte, meterhohem Schnee und sommerlicher Glut .... Aber dem Hund zuliebe schon! Er sitzt mir ja auf der Pelle. Wie er mich anschaut, seinen ununterbrochen kerzengeraden, fordernden Blick auf mich richtet, mich förmlich hinauszieht, egal, welches Wetter! Und ich würde ja auch wer weiß was verpassen: die Wellen am sturmgepeitschten See, reigentanzendes Herbstlaub - von allen vier Jahreszeiten, die sich mir als Gegengabe in ganzer Vielfalt  wie ein Buch aufschlagen, sähe ich höchstens ein Viertel. Goldene Sonnenauf- und  -untergänge würden versäumt, der Mond, wie er den Horizont heraufschleicht und Gewitterstimmungen, schwarz wie die Nacht.

Tausendmal danke ich ihm dafür - das ist das Vierte.

Die Frage, ob die Seelen der Tiere wandern - hast du dir sicher auch schon gestellt. Wie erleben sie uns und diese Welt? Was sehen sie? Auf ihre Art jedenfalls mehr als wir Menschen. was da durch`s Zimmer geistert, weiß ich nicht - aber mein Hund schaut ihm interessiert nach. Könnte es ein Engel sein? Das ist das Fünfte.

Du staunst, wenn ich dir sage, mein Hund wäre in einem vorigen Leben möglicherweise Gärtner gewesen. Zu fleißig, zu emsig - und drum für alle Zeiten geheilt? Ich schließe es aus der Tatsache, dass er mich meine Werkzeuge lieber aufräumen als hervorholen sieht, sich verzieht und erst wieder auftaucht, wenn ich fertig bin und den Rest zusammenlege. Die Erforschung der Hundeseele - das ist das Sechste.

Lass übrigens keinen Tag vergehen, ohne dass du ihm deine Zuneigung schenkst und ihn lobst. Loben zieht nach oben! Leckeres Gesundfutter, mit Liebe zubereitet und kredenzt, das auch deinen Ansprüchen gerecht würde, ist selbstverständlich. Gib ihm Brennesseltee statt nur Wasser, Knoblauch und von allen deinen Kräutern. Nichts gegen freundliche Tierärzte. Einiges kannst du dir aber schon sparen, wenn du bei deinem Hund eher auf optimale Haltung als auf Medikamente hältst. Beobachte und überlege. Das ist das Siebte.

Verreise - falls überhaupt - mit Hund. Warum du ohne ihn gehst, verstünde er nicht. Oder bist du ein Egoist? Sowieso liegt dir nichts an anstrengenden, mit Katastrophen und Krankheiten befrachteten Erdteilen. Was fändest du dort? Ganze Herden immer noch ärmerer Straßenhunde? Den einen und anderen möchtest du eventuell sogar retten und mitnehmen und wärst laufend an dein verlassenes Tier zu Hause erinnert. Wirklich, dein Gewissen möchte ich dann nicht haben! Plane Wanderferien mit Hund. Kürzere Autofahrten mag er, und dein Wagen ist inzwischen ja hundegerecht gerüstet. Viel Glück! Das ist das Achte.

Eines Tages, lieber Hundefreund, müsst ihr euch für immer trennen. Das ist das Schwerste.

Viel zu kurz ist vergleichsweise so ein Hundeleben. Nimm deinen geliebten Kameraden noch einmal ganz nah zu dir, gib ihm deine Gedanken, deinen Dank, deine ganze Liebe und Zuneigung mit auf seine Reise, wohin auch immer. Vielleicht sehr ihr euch eines Tages wieder? Wer weiß denn, was sich hinter allen Horizonten verbirgt - vielleicht das Schönste überhaupt?

Dostojewski schrieb in einem Weckruf: "....liebet die Tiere, jegliches Gewächs und jedes Ding! Wenn du alles liebst, wird sich dir das Geheimnis Gottes in allen Dingen offenbaren ... liebet die Tiere, denn Gott hat ihnen den Urgrund des Denkens und harmloser Freudigkeit verliehen. Stört sie nicht, quält sie nicht, nehmt ihnen nicht die Freude, handelt dem Gedanken Gottes nicht zuwider. Der Mensch erhebe sich nicht über die Tiere; sie sind sündlos...."

 Das ist das Letzte, lieber Freund, und besagt alles!! 

Verfasser: E. M. Zwicker,  Icking / Isartal